Enid Blyton: Ein Pferd im Internat / Third Year at Malory Towers (Band 3)

Band 3 von Enid Blytons berühmter Reihe und der erste, den ich als Kind gelesen habe. Ich war sofort "angefixt", obwohl mich schon damals eine Menge gestört hat ... Aber dazu gleich mehr.

Dolly (Darrell) ist in der 3. Klasse, ihr großes Thema ist Handball (Lacrosse), sie trainiert mit Feuereifer und hofft darauf, in einem wichtigen Spiel zu glänzen. Außerdem hat sie Streß mit ihrer besten Freundin Susanne (Sally), die eifersüchtig auf Alice (Alicia) ist. Obendrein sorgen drei neue Schülerinnen für Wirbel: Margot (Mavis - die einzige Figur in der Serie, die "off stage" erscheint), die eine wunderbare Stimme hat und von einer großartigen Zukunft als Opernsängerin träumt, die Amerikanerin Marilyn Miller (Zerelda Brass), die eine Karriere als Schauspielerin anstrebt, und Wilhelmina, genannt Will (Bill), die ihr Pferd Donner (Thunder) mitbringt und so vernarrt in selbiges ist, daß sie die Schule vernachlässigt und gewaltigen Ärger mit der Klassenlehrerin Fräulein Peters (Miss Peters) bekommt.

Einige Mädchen in der Serie haben besondere Talente, so die brillante Zeichnerin Britta (Belinda) und das Musikgenie Irene, aber wehe, eine bildet sich etwas auf ihr Können ein! Dann wird sie sehr unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und verliert ihre Gabe - und bekommt sie zurück, nachdem sie ihre Lektion gelernt hat. In diesem Band trifft es die hochnäsige Margot, die ihre herrliche Stimme verliert. Noch dicker kommt es für Zerelda - sie wird nicht nur wegen ihrer schwachen Leistungen eine Klasse zurückversetzt, sondern muß auch noch erfahren, daß sie gar nicht das Zeug zur Schauspielerin hat. Warum Zerelda gleich zwei harte Lektionen bekommen muß, habe ich nie begriffen. Eine hätte doch wirklich gereicht ... Auch Dolly erlebt eine herbe Enttäuschung und fürchtet, es wäre die Strafe dafür, daß sie sich zuviel auf ihr sportliches Können eingebildet hat - aber dann kommt es ganz anders. Eine lustige Szene, und natürlich gewinnt nicht nur Dollys Team, sondern sie schießt auch noch das Siegtor ...

Schon in diesem Band war mir die allgemein unbeliebte Evelyn (Gwendoline), der Bösewicht der Serie, sympathisch - die Leserin soll sie verabscheuen, aber ich habe das nie getan. Warum nicht? Zum einen wegen der Gemeinsamkeiten, die ich mit ihr hatte - lange blonde Haare, blaue Augen, Einzelkind und vor allem: unsportlich! Die Überbetonung des Sports hat mich als sporthassendes Kind immer gestört und tut es noch. Und Evelyn ist in diesem Band gar nicht so übel - sie begeht keine Gemeinheiten, im Gegenteil, als Zerelda von der Schauspiellehrerin furchtbar zusammengestaucht wird, ist sie die einzige, die das niedergeschmetterte Mädchen tröstet.

Gestört hat mich die Darstellung von Susanne (Sally), Darrells angeblich bester Freundin. Wieso ist sie eigentlich nicht mehr Klassensprecherin? Sie hat die Aufgabe in Band 2 doch sehr gut gemeistert ... Aber das ging wohl nicht mehr, Susannes eifersüchtiges Benehmen hätte nicht mehr zu der Vorbildrolle gepaßt. Ihre Nachfolgerin Jenny (Jean) behält ihr Amt dagegen bis zum letzten "term" der 4. Klasse. Auch sonst stößt Susannes Rolle sauer auf. Sie zockelt mit, als Dolly Handball trainieren will, obwohl sie gar keine Lust hat, und als Dolly zur Strafe für einen Streich nachsitzen muß und nicht Handball spielen darf, schlägt sie der Lehrerin Fräulein Pott (Miss Potts) ernsthaft vor, die Strafe stellvertretend auf sich zu nehmen - eine Ergebenheit, die an Selbstaufgabe grenzt. Sie ist eine langweilige beste Freundin, die man in Mädchenbüchern so oft findet: Die Hauptfigur ist interessant, die Freundinnen (und Feindinnen!) ebenfalls - aber die beste Freundin bleibt blaß. So ist es in der berühmten "Nesthäkchen"-Reihe mit der braven Margot, so ist es bei "Anne auf Green Gables" mit der uninteressanten Diana Barry und eben auch in dieser Serie.

Und dennoch - trotz aller Kritik: Das Buch hat viele schöne Seiten. Der eiserne Grundsatz, niemanden zu verpetzen, hat mir immer sehr gefallen. Oder der Zusammenhalt, wenn jemand in Not ist. So versucht Dolly, Will zu warnen, als Fräulein Peters im Anmarsch ist, und sie steht mitten in der Nacht auf und kümmert sich gemeinsam mit Will um deren Pferd, das schwer erkrankt ist. Und Fräulein Peters, die vor kurzem noch sehr böse auf Will war, reitet bei Sturm und Regen los, um einen Tierarzt zu holen.

Wie immer wurde in der deutschen Übersetzung eine Menge geändert, aus mir völlig unerfindlichen Gründen. Der Streich mit dem Niespulver, den die Mädchen Fräulein Peters spielen, wird in der deutschen Version nur am Rande erwähnt, und Susanne war nicht dabei, weil sie noch krank war. Im Original wird der Streich hingegen ausführlich geschildert - und Sally entgeht der Strafe, weil sie sich als einzige dagegen ausgesprochen hat. Es lohnt sich, die Originale zu lesen, obwohl auch die mittlerweile leider überarbeitet werden ...

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