Else Wildhagen: Trotzkopfs Brautzeit (Band 2)

Band 2 der berühmten Trotzkopf-Reihe. Er stammt nicht von der gleichen Autorin wie Band 1, denn diese war bereits verstorben. Der Verleger wollte den Riesenerfolg unbedingt fortsetzen und wandte sich, da die Autorin bereits verstorben war, an deren Tochter Else Wildhagen. Die junge Frau griff also zur Feder, und die ersten Auflagen erschienen mit dem Hinweis, der Band stamme "aus dem Nachlaß von Emmy von Rhoden" - eine dreiste Täuschung der Leserinnen, die aber funktionierte.

Was passiert?

Ilse, erst vor kurzem im Pensionat zur jungen Dame herangewachsen, ist mit Leo verlobt, die Hochzeit steht bevor. Aber ach - ein Streit trübt das junge Glück. Der Anlaß ist tatsächlich nichtig, ich halte mich nicht weiter damit auf, entscheidend ist ja die Ursache. Ilse rebelliert und widersetzt sich Leos Wünschen. Leo fand Ilse bisher immer "reizend", doch nun dämmert ihm, daß es in der Ehe weitergehen wird wie bisher und seine Zukünftige nicht vorhat, sich zu "fügen" (das Wort fällt sehr häufig). Ilse kocht vor Wut und reist ab - zu ihrer Herzensfreundin Nellie, die mit Dr. Althoff verheiratet ist.

Hier kommt die Geschichte ins Holpern. Es ist keine schlechte Idee, daß die Autorin das Leben von Nellie, Rosi und Flora aufgreift, aber daß alle drei im gleichen Ort leben, ist nicht realistisch. Und ich frage mich, warum Ilses besorgte Eltern sich nicht an das ehemalige Fräulein Güssow wenden, Ilses einstige Lehrerin, die mittlerweile mit dem Bruder von Ilses Stiefmutter verheiratet ist? "Luzie" wird noch ein-, zweimal erwähnt, tritt aber nicht mehr in Erscheinung. Warum nicht? Vielleicht ist es einfach keine gute Idee, daß andere Autoren Fortsetzungen schreiben ...

Ilse verbringt also ein paar Wochen bei ihrer Freundin Nellie und bekommt Einblick in deren Eheleben - und in das von Rosi und Flora, die mittlerweile ebenfalls verheiratet sind. Ilse stellt fest, daß Nellie eine gefügige Ehefrau ist, die sich ihrem Mann in allem unterordnet. Anfangs ist sie davon befremdet, dann jedoch sieht sie, wie sich Rosi und Flora verhalten. Die einstmals so sanfte Rosi ist zum Hausdrachen mutiert, der Ehemann ein Pantoffelheld. Flora ist mit einem verwitweten Arzt verheiratet, sie kümmert sich nicht um Mann, Stieftochter und Haushalt, sondern widmet sich ihrer Dichtkunst und läßt sich obendrein von einem anderen Mann "bewundern" - einem ekelhaften Typen, der nur so tut, als würde er Flora anhimmeln, in Wirklichkeit denkt er ganz anders über sie - und auch über seine Verlobte, die er sich nur ihres Geldes wegen geangelt hat. Und dann wirft er auch noch ein Auge auf Ilse ...

Das Eheleben von Flora und Rosi gefällt Ilse noch viel weniger als das der gefügigen Nellie, die Schlaffis von Ehemännern stoßen sie ab. Da ist ihr Leo doch ganz anders ...

Ja, ja. Hier hat die heutige Leserin ein paar schwere Brocken zu schlucken. Der Mann ist der Chef, die Frau muß sich unterordnen, und das geht sehr weit. So ist es z. B. eine "Zumutung" für einen Mann, eine Einkaufstasche halten zu müssen! Lieber Himmel! Das Frauenbild ist schwer verdaulich, aber ... von Männern scheint die Autorin auch keine allzu hohe Meinung zu haben. So gibt Nellie Ilse den Rat, sich nur scheinbar unterzuordnen und den Partner "um den Finger zu wickeln". So setzt sie sich am Ende durch, ohne daß er es merkt. Hier frage ich mich: Für wie doof hält die Autorin eigentlich Männer? Und den Partner mit Tricks und Kniffen zu manipulieren, statt sich einer ehrlichen Auseinandersetzung zu stellen - das soll aufrichtig sein? Nein, danke!

Es gibt zwei Lichtblicke: Einer ist der Schreibstil von Else Wildhagen. Was immer man von ihren Ansichten denkt, schreiben konnte sie, und ich habe des öfteren herzhaft gelacht. Der zweite ist ein kurzer Abstecher der Autorin: Ilses Freundin Orla hat den Plan, Medizin zu studieren - damals ein nahezu unerhörtes Ansinnen für eine Frau. Rosis Mann findet das Vorhaben "famos", ein anderer erklärt: "Es gibt zwei Lichtblicke: Einer ist der Schreibstil von Else Wildhagen. Was immer man von ihren Ansichten denkt, schreiben konnte sie, und ich habe des öfteren herzhaft gelacht. Der zweite ist ein kurzer Abstecher der Autorin: Ilses Freundin Orla hat den Plan, Medizin zu studieren - damals ein nahezu unerhörtes Ansinnen für eine Frau. Rosis Mann findet das Vorhaben "famos", ein anderer erklärt: "Und deshalb braucht Ihre Freundin keine Männerkleidung anzulegen, sie braucht die Weiblichkeit nicht abzustreifen, wenn sie auch das hergebrachte Gebiet der Frau verläßt." Das sind doch erstaunlich fortschrittliche Töne - aber ach, Orla bleibt nicht bei ihrem Entschluß. Auch sie gibt ihre Pläne auf und heiratet ...

Selbstverständlich endet der Roman damit, daß Ilse reumütig zu Leo zurückkehrt. Ihr Aufbäumen war nur kurz, aber sie wird trotz allem keine allzu brave Ehefrau, wie sich im nächsten Band zeigt ...

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