Girl Friends - Freundschaft mit Herz

Meine Lieblingsserie läuft schon lange nicht mehr, aber glücklicherweise gibt es ja DVDs. Und Youtube.

Ich bin damals zu Beginn der 2. Staffel eingestiegen, es war die Folge "Star-Allüren", und war sofort infiziert.

Für Marie Luise "Mariele" Millowitsch, Jahrgang 1955, Tochter des legendären Kölner Theaterschauspielers Willy Millowitsch (es war sicher kein Zufall, daß in der Serie eine Kölnerin ihre Mutter spielt), war es ein später Durchbruch im Fernsehen. Wie einige andere Schauspieler (Maria Furtwängler, Christiane Paul, Joe Bausch...) ist auch sie eigentlich Ärztin (allerdings für Tiere), hat also einen "richtigen" Beruf gelernt. Es war außerdem der Auftakt für das Traumpaar Millowitsch und Sittler, denn die beiden standen seither immer wieder gemeinsam vor der Kamera. Tamara Rohloff war leider lange vom Bildschirm verschwunden, Chiara Schoras ("Katja") ist mittlerweile Tatort-Kommissarin, Benjamin Sadler ("Stefan Ahlbaum") hat den Sprung ins Charakterfach geschafft.

== Die Handlung ==

Die Handlung beginnt mit dem 35. Geburtstag von Marie Malek (Mariele Millowitsch). Sie wohnt im ländlichen Hitzacker, hat einen öden Job der örtlichen Baumschule, Ärger mit einer zickigen Chefin und einem miesen Freund (er liegt ihr auf der Tasche, geht fremd usw.). Einziger Lichtblick sind ihre Eltern - zu ihrer Mutter Elisabeth (Dagmar Laurens, im wirklichen Leben nur 15 Jahre älter als ihre Filmtochter) und ihrem Stiefvater Erich (Wilfried Dziallas) hat sie ein gutes Verhältnis. Ganz anders dagegen Ilka (Tamara Rohloff), Maries beste Freundin seit Kindertagen - sie ist Chefsekretärin im Hamburger Luxushotel Hansson, erfolgreich und selbstsicher.

Für Marie beginnt ein neues Leben, als Ilka ihr einen Job im Hansson Hotel besorgt - sie arbeitet fortan im Schreibpool des Hauses. Mit ihren Kolleginnen freundet sie sich schnell an, aber ausgerechnet mit Ilka kommt es sehr bald zu Spannungen - die einstige graue Maus dringt zu weit in "Ilkas Welt" vor, nämlich in die Chefetage, und wird für ihre Freundin zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz. Ilkas Chef Ronaldo (Walter Sittler) ist begeistert von Marie, und der "Big Boss" Bill Hansson (Gösta Bredefeldt) ist es auch ... die Folge, in der Hansson inkognito sein Hotel besucht, um in der Aufmachung eines schlecht gekleideten, schusseligen Gastes seine Angestellten zu testen, ist eine der besten!

== Gutes und Schlechtes ==

Was ist eigentlich das Schöne an dieser Serie? Zum einen natürlich die überzeugenden Schauspieler, ohne die nichts gehen würde. Es ist auch der Verzicht auf schwarzweiße Darstellungen - keiner der Charaktere ist nur gut oder nur böse: Marie und Ilka sind enge Freundinnen, aber auch eifersüchtig aufeinander - Gudrun Stade ist zunächst eine eklige Chefin, steht aber Marie in einer schweren Situation bei - Daniela Holm hat eine intrigante Seite, läßt aber ihren Freund nicht im Stich, als es mit ihm bergab geht - Renée Broschek ist ein Biest, befindet sich aber auch in einer verzweifelten Lage - usw.

Selbstverständlich mußte auch diese Serie wie alle vergleichbaren Formate eine Menge verkraften, nämlich den Ausstieg wichtiger Darsteller - das ging jedoch dank guter Nachfolger meistens glimpflich aus. Ich fand auch "Iris" (Franziska Stavjanik) und "Christian" (Philipp Brenninckmeyer) als Ersatz für Ronaldo und Marie überzeugend. Natürlich haben sich auch die typischen Seifenopern-Elemente eingeschlichen: plötzlich auftauchende Halbgeschwister oder uneheliche Kinder, Schwangerschaften, die vorzeitig enden, Figuren, die den Serientod sterben, als die Autoren nicht mehr wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen. Irgendwann war auch jeder mit jedem zusammen, einige Figuren verschwanden einfach ohne Erklärung - das nahezu unvermeidliche Schicksal jeder Fernsehserie, die über einen langen Zeitraum läuft. Irgendwann kommt die "Materialermüdung", und dann ist es gut, wenn die Fernsehleute den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören erkennen - das war hier glücklicherweise der Fall.

== Damals und heute ==

Daß ich "girl friends" heute sogar noch besser finde als früher, liegt daran, daß es nicht so weit von der Realität entfernt ist. Natürlich gibt es eine Menge Übertreibungen (ein Chefkoch, der ein Messer nach einem Azubi wirft, würde in der Wirklichkeit wahrscheinlich vor die Tür gesetzt werden), aber vieles ist doch aus dem Leben gegriffen - es ist für mich die Serie, mit der ich erwachsen geworden bin. Mittlerweile habe ich selbst eine Menge von dem erlebt, was in der Serie vorkommt. Anfangs war es nur die Tatsache, daß ich genau wie Marie die Tochter eines Fleischers aus einem kleinen Nest in Norddeutschland bin - aber im Laufe der Jahre ist es immer mehr geworden. Heute arbeite ich auch für eine schwedische Firma (nicht in Hamburg, aber doch in der Nähe) - meine beste Freundin seit Kindertagen hat mir nach 30 Jahren die Freundschaft gekündigt - ich habe leider einem Halunken Geld geliehen und bin mehr als einmal aus miesen Situationen ausgestiegen. Und wie gut verstehe ich Ronaldos Tochter Heike, für die nach dem viel zu frühen Tod ihrer Mutter eine Welt zusammenbricht - allerdings verstehe ich mich gut mit der Freundin meines Vaters (witzigerweise heißt die auch Heike)! Zwei der späteren Folgen spielen auf der wunderschönen Kanalinsel Guernsey - dort habe ich vor einem Jahr Urlaub gemacht und - unglaublich, aber wahr - zufällig eine Frau kennengelernt, deren Sohn in den frühen Folgen mitgespielt hat. Sein Name sagte mir gar nichts, aber als ich ihn dann gegoogelt habe, habe ich ihn gleich erkannt. Ein Kreis hat sich geschlossen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Elke Sauer: Ist das mein Kind?

Enid Blyton: Wirbel in Klasse 2 / Second Form at Malory Towers (Band 2)

Alexander Horn: Die Logik der Tat - Erkenntnisse eines Profilers